Mangnus Werner
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Energienews


23.10.2020

„Spiegel“ kritisiert Förderprogramm für Corona-gerechte Lüftung

Seit wenigen Tagen läuft das Förderprogramm zum corona-gerechnten Umbau von Lüftungsanlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten . Im „Spiegel“ gab es postwendend einen Verriß. Jochen Vorländer hat für die GEB-Schwesterpublikation TGA-Fachplaner die Fakten gecheckt.

Mit dem Programm werde „kein einziges Leben gerettet“ zitiert der  Spiegel-Text reißerisch Christian Kähler vom Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr München.  Jochen Vorländer sieht das differenzierter. Sein Argument: Der Artikel werfe vieles in einen Topf und verallgemeinere, was schwerlich zu verallgemeinern sei. „Öffentliche Einrichtungen, Läden, Bars, Restaurants, Hotels und Klassenzimmer haben hinsichtlich einer das Ansteckungsrisiko verringernden Luftreinigung / Lüftung sehr unterschiedliche Anforderungen.“

Er kritisiert dabei unter anderem die Behauptung, mit Luftfiltern könnten „Coronaviren aus der Luft gefangen werden – ganz ohne das lästige Lüften.“ Gemeint sind Umluftfilteranlagen, deren Filterstufen einen HEPA-Filter umfassen und einen so hohen Volumenstrom reinigen, dass die Konzentration potenziell infektiöser Aerosolpartikel stark reduziert werden kann.

Diese filtern Luft, frische Außenluft wird nicht zugeführt. Der im Spiegel zitierte Christian Kähler favorisiert das Schutzkonzept „Raumluftreiniger und transparente Schutzwände“. Zu anderen Auffassungen wie der des Umweltbundesamts und seiner Handreichung zum richtigen Lüften findet er deutlich Worte und spricht ihnen die notwendige Kompetenz in Fragen der Strömungsmechanik ab.  Vorländer: „So geht es allerdings auch anderen Experten mit seiner Studie.“

In einem Kommentar zu der oben genannten Studie zitiert er Professor Martin Kriegel vom TU Berlin Hermann-Rietschel-Institut mit der Aussage, Kählers Untersuchung enthalte „zahlreiche Mängel“. Kriegel bewertet 24 Textstellen, zumeist mit „Falsch“, „Falsch und irreführend“ sowie mit „Unwissenschaftlich“, „Unwissenschaftlich und falsch“ und „Falsch, irreführend und unwissenschaftlich“. Abschließend betont Kriegel: „Zusammenfassend kann ich nur feststellen, dass fachlich viele Aspekte falsch sind und durch unwissenschaftliche Untersuchungen irreführende Aussagen getätigt werden.“

Kriegel betont aber, dass er nicht gegen Luftreiniger sei: „Es gibt durchaus sinnvolle Einsatzgebiete und sie tragen zur Minderung der freigesetzten potentiell virenbeladenen respiratorischen Partikel bei. Dabei kommt es stets auf die zugeführte virenfreie Luftmenge (Frischluft und/oder gefilterte Luft) in Bezug auf die produzierten potentiell virenbeladenen Aerosolpartikel an. Eine weiterte wesentliche Einflussgröße auf das Infektionsrisiko ist die Expositionszeit. Eine ganzheitliche Betrachtung ist erforderlich. Luftreiniger bieten KEINE Sicherheit.“

Vorländer hat in seinem Artikel auch die notwendigen Investitionen überschlagen. Im Schuljahr 2019/20 besuchten rund 8,3 Mio. Schüler allgemeinbildende Schulen. Bei einer hohen Klassenstärke von 30 Schülern sind zur Unterrichtsversorgung über 275?000 Klassenzimmer erforderlich. Die Anzahl der Klassenzimmer mit eigener RLT-Anlage oder Anschluss an eine RLT-Anlage in Deutschland ist als sehr gering einzuschätzen. Die Investitionskosten für die Installation einer Lüftungsanlage mit Wärme- und Feuchterückgewinnung betragen etwa 10?000 bis 15?000 Euro pro Klassenraum.

Bei einer Förderquote von 40 %, Investitionskosten von 10?000 Euro pro Klassenzimmer und einem Fördertopf von 200 Mio. Euro bis Ende 2021 könnte man 50?000 Klassenzimmer mit Lüftungsanlagen ausrüsten, die Träger müssten dafür zusätzlich 300 Mio. Euro investieren.

Ein Schulträger, der sich für Luftreiniger entscheidet und sie auch geliefert bekommt, kommt übrigens ganz ohne Griff in den Fördertopf mit weniger Geld aus. Luftreiniger kosten zwischen 3000 und 4000 Euro. Die Eigenbeteilung für ein Schullüftungsgerät würde zwischen 6000 und 9000 Euro liegen. Die Luftfilter für Luftreiniger sind systembedingt allerdings erheblich teurer als die von RLT-Anlagen.

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verfolgen. Wichtige Empfehlungen darin sind einheitliche technische Empfehlungen und die Unterstützung von Maßnahmen, die auch nach der Corona-Krise die Luftqualität verbessern. pgl

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